Nachbarstreit an der Grundstücksgrenze
Es gibt kaum einen Grundstückseigentümer, der nicht schon einmal selbst betroffen war oder im Bekanntenkreis von einem entsprechenden Streitfall gehört hat. Wie dicht darf man an die Grundstücksgrenze bauen? Wie hoch darf der Zaun sein? Kann man gegen eine Baugenehmigung des Nachbarn vorgehen? Dies sind nur einige der vielen Fragen, die bei derartigen Nachbarstreitigkeiten immer wieder eine wesentliche Rolle spielen.
Nur zu häufig entbrennt der Streit zwischen Nachbarn darüber, welche baulichen Maßnahmen oder Bepflanzungen an der Grundstücksgrenze zulässig sind oder nicht. Es kann die Errichtung eines Einfamilienhauses sein oder aber auch nur das Setzen eines Zaunes. An der Grenze zwischen zwei Grundstücken prallen naturgemäß die Interessen zweier Grundstückseigentümer aufeinander, so dass nicht unerhebliches Konfliktpotenzial geschaffen wird. Es existieren diverse rechtliche Vorgaben und gesetzliche Vorschriften aus unterschiedlichsten Rechtsgebieten, die zu beachten sind. In § 6 der Landesbauordnung ist geregelt, welche Abstände Gebäude oder bauliche Anlagen von der Grundstücksgrenze haben müssen.
Bei diesen Abstandsvorschriften handelt es sich um sog. nachbarschützende Vorschriften. Kommt es zu einem Verstoß gegen die Abstandsvorschriften, so kann der betroffene Nachbar ggf. ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde verlangen. Liegt z.B. bezüglich einer baulichen Maßnahme an der Grundstücksgrenze eine Baugenehmigung für den Nachbarn vor, so besteht die Möglichkeit, einen Nachbarwiderspruch bei der Aufsichtsbehörde einzureichen. Nachbarschützend sind aber auch die Regelungen in § 22 BImSchG, wonach Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden. Ganz typisch sind aber auch Streitigkeiten um Zäune, Carports und Garagen. Grundsätzlich ist die für den Nachbarn nachteilige Situation umfassend einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Immer wieder ist doch festzustellen, dass betroffene Grundstückseigentümer sich nur Auskünfte bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde einholen. Dort wird der Blick aber meist verkürzt auf die Vorschriften der Landesbauordnung gerichtet.
Für die jeweiligen Unterlassungsansprüche sind aber häufig die Regelungen des Nachbarrechtsgesetzes von ebenso wichtiger Bedeutung. Der betroffene Nachbar kann in der Regel nicht nur ein Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde verlangen. In Betracht zu ziehen ist auch stets ein zivilrechtliches Vorgehen gegen den störenden Nachbarn direkt. Hier haben häufig auch die Vorschriften des schleswig-holsteinischen Nachbarrechtsgesetzes große Bedeutung.
Im Nachbarrechtsgesetz ist z.B. geregelt, wie Grundstücke durch Zäune einzufriedigen sind, wie Bepflanzungen zu erfolgen haben oder wie sich die Rechtslage bei Grenz-und Nachbareinwänden darstellt. Strebt der betroffene Nachbar wegen einer Grenzstreitigkeit eine direkte Klage gegen seinen Nachbarn an, so hat er nach dem Landesschlichtungsgesetz vorab ein Verfahren beim örtlichen Schiedsmann durchzuführen. Wird dort keine einvernehmliche Regelung herbeigeführt, steht dem Nachbarn der Klageweg auch vor dem Amtsgericht offen. Da eine gute Nachbarschaft von großem Wert ist, ist jedem Grundstückseigentümer aber auch anzuraten, sich bei geplanten Vorhaben bereits im Vorfeld der juristischen Rat einzuholen.
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Andreas Kuhn
Rechtsanwalt und Notar
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