Muss ich mir eine Abmahnung gefallen lassen?
Eine Abmahnung hat zwei Funktionen: zum einen soll sie ein Fehlverhalten rügen, zum anderen soll sie den Arbeitnehmer vor weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie etwa einer Kündigung, warnen. Zulässig ist dabei nicht nur eine schriftliche, sondern auch eine mündliche Abmahnung durch den Arbeitgeber. Bestes Beispiel ist eine Unterschreitung der vertraglichen Arbeitszeit oder das unpünktliche Erscheinen bei der Arbeit.
Nachdem Frau Thies schnell eine neue Beschäftigung gefunden hatte, musste sie feststellen, dass das Arbeitsklima in ihrem neuen Betrieb alles andere als herzlich war. Ständig wurde sie beäugt und kontrolliert. Selten war man mit ihrer Arbeit zufrieden. Als sie an diesem Freitag jedoch aufgrund der ewigen Baustellen auf der Autobahn zu spät zur Arbeit kam, fand sie sofort ein Abmahnschreiben auf ihrem Schreibtisch vor. Darin hieß es, dass sie eine Stunde zu spät sei und damit gegen ihre arbeitsvertragliche Verpflichtung verstoßen habe. Außerdem drohte man ihr an, im Wiederholungsfalle das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Frau Hansen wäre an diesem Tag am liebsten sofort wieder nach Hause gefahren. Sie war doch rechtzeitig losgefahren und konnte doch nichts für die Verspätung.
Doch die Rechtsprechung sieht das so genannte „Wegerisiko“ beim Arbeitnehmer. Dieser muss schlicht früher losfahren.
So einfach wie in diesem Beispiel ist es häufig allerdings nicht. Ob eine Abmahnung berechtigt ist, sollte deshalb stets fachkundig geprüft werden. Manchmal kann es aus strategischen Gründen auch sinnvoll sein, einer Abmahnung durch den Arbeitgeber nicht zu widersprechen. In anderen Fällen sollte man jedoch unverzüglich handeln und die Abmahnung aus der Personalakte entfernen lassen. Eine Abmahnung muss und sollte man sich also nicht zwingend gefallen lassen.
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